Am 30. 12. 2023 besuchte ich das RTM Museum in Ouddorp, Niederlande und fuhr auch mit dem historischen Dampfzug mit.
Das RTM (Rotterdamse Tramweg Maatschappij) Museum beherbergt eine Vielzahl sehr gut erhaltener Eisenbahnfahrzeuge der ehemaligen RTM. Auch zum einstigen Streckennetz und dem Betrieb der 1966 stillgelegten Kleinbahn erfährt man einiges.
Das Wort Tram hat in den Niederlanden eine Doppelbezeichnung: Zum einen steht es für Straßenbahnen, wie bei uns zum Teil auch, zum anderen bezeichnet es Kleinbahnen, die in Deutschland ja als Eisenbahnen gelten. Daher handelt es sich bei der RTM aus deutscher Sicht um eine Kleinbahn, die einst ein Streckennetz von Rotterdam südlich ausgehend durch Süd-Holland und Zeeland hatte. Da es zu dieser Zeit noch kaum Brücken in Zeeland gab, unterhielt die RTM auch einige Fährschiffe, teilweise als Trajekt-Fähren (Zug auf Schiff).
Interessant ist auch die Spurweite: Das Streckennetz der RTM war einst komplett in Kapspur (1067mm) aufgebaut.
Das RTM Trammuseum errichtete ab 1989 am heutigen Standort in Ouddorp mehrere Wagenhallen und eine eigene Strecke, die mehrmals verlängert wurde und heute über den kompletten Brouwersdam führt. Die Strecke ist komplett fiktiv, da der Brouwersdam erst 1971 und damit nach Stilllegung der RTM fertiggestellt wurde. Trotzdem ist die Strecke sehr schön, dazu später mehr bei der Dampfzugfahrt.
Im Eingangsbereich des Museums kann man Eintrittskarten bei Mitgliedern des Museumsvereines in historischen Uniformen kaufen. Man kann auch nur das Museum ohne Dampfzugfahrt besichtigen, was auch sehr lohnenswert ist.
Hier befindet sich auch ein kleiner Shop und mehrere ausgestellte Modelle, sowie eine Märklin-Modellbahnanlage mit RTM-Fahrzeugen.
In der ersten Halle ist ein historischer Zug mit mehreren Personen und Güterwagen aufgebaut, die alle begehbar sind und im Inneren eine Vielzahl von Tafeln und Bildschirmen mit Erklärungen zu den Funktionen und historischen Hintergründen haben. Fast alle sind dabei dreisprachig Niederländisch, Deutsch und Englisch beschriftet. Sehr gut hat mir auch gefallen, dass die Wagen liebevoll eingerichtet wurden. So stehen im Milchwagen viele Milchkannen, im Stückgutwagen allerlei Obst- und Gemüsekisten und eine ganze Wand von Margarinepackungen.
Besonders gut hat mir als Camper natürlich der Kampeerwagen gefallen! Nachdem die RTM nach dem zweiten Weltkrieg zu viele Güterwaggons hatte und gleichzeitig der Tourismus wieder auflebte, baute sie einige davon um und vermietete sie als Übernachtungsmöglichkeit in strandnahen Bahnhöfen. Aus heutiger Sicht sehr rustikal eingerichtet, aber die Idee würde heute bestimmt auch noch gut funktionieren!
In der zweiten Halle befinden sich die fahrfähigen Exponate des RTM Museums. Das Museum verfügt über eine erstaunliche Anzahl an Lokomotiven, Triebwagen und Waggons, die sich alle in einem sehr guten Zustand befinden. Hier steckt richtig Arbeit drin!
Besonders interessant fand ich die beiden Straßenbahntriebwagen M17 mit dem dazugehörenden Generatorwagen. Hier wurde aus zwei normalen elektrischen Straßenbahntriebwagen und einem selber nicht angetriebenen Generatorwagen ein dieselelektrischer Triebwagenzug erstellt. Die beiden Straßenbahntriebwagen wurden gebraucht aus Deutschland importiert und auf Kapspur umgespurt. Dabei handelt es sich um die einzigen beiden Straßenbahnwagen, welche die Deutsche Bundesbahn jemals gekauft hat. Die DB hatte nämlich in ihrer Geschichte nur eine einzige Straßenbahnstrecke: Die meterspurige Straßenbahn Ravensburg-Weingarten-Baienfurt in Süddeutschland. Hier wurden die beiden Duewag-Triebwagen ab 1954 als ET 195 als klassische elektrische Straßenbahn mit Dachstromabnehmer betrieben. Im Jahr der Stilllegung 1961 kamen sie zur RTM, wo sie bis 1963 umgespurt und umgebaut wurden. Weil die RTM keine Oberleitung hatte musste ein Generator den Strom für die Fahrmotoren erzeugen.
Dafür war in den Treibwagen aber kein Platz, daher wurde ein neuer Generatorwagen auf Basis eines alten Triebwagens gebaut. (im Bild oben links in der Mitte zwischen den beiden Triebwagen eingereiht) Damit wurde der Zug, der auf den Namen Sperwer (Sperber) getauft und bis zur Stilllegung 1966 also gerade mal drei Jahre eingesetzt. Zum Glück endete damit die Geschichte für diese einzigartige Gespannt nicht! Es wurde an die Zillertalbahn in Österreich verkauft, abermals auf nun 760mm bosnische Spurweite umgespurt und bis 1997 im Regelverkehr eingesetzt. Danach diente es noch als Reserve bis es 1999 zurück in die Niederlande zum RTM Museum kam und abermals umgespurt wurde. Nun wieder auf Kapspur. Es gibt sicher wenige Kleinbahnfahrzeuge, die in so vielen Ländern mit so vielen Spurweiten unterwegs waren!
Ein weiteres Highlight war aber die Rundfahrt mit dem historischen Dampfzug. Dieser wurde an diesem Tag von der historischen Dampflok Nr. 54 gezogen. Die kleine dreiachsige Dampflok wurde 1915 von Orenstein & Koppel in Deutschland für die RTM gebaut und befindet sich heute in einem sehr guten Zustand. Der Zug bestand aus 5 vierachsigen Holzwaggons mit geschlossenen Plattformen und wurde von der Lok aus dampfgeheizt. Mitten im Winter ein nicht zu unterschätzender Umstand! Die Waggons befanden sich alle ebenfalls in einem sehr guten Zustand. Angeboten wurden verschiedene Wagenklassen mit Holz- oder Lederbänken. Die Tickets gelten aber überall, es wird nicht nach Klassen unterschieden. Natürlich suchte ich mir einen Platz in der ersten Klasse! Hier waren die Waggons 2+1 bestuhlt mit jeweils zwei gegenüberliegenden Plätzen und einem kleinen Tischchen dazwischen.
Pünktlich um 11:30 Uhr ging die Fahrt los. Vom Museum aus führt die Strecke zuerst in einem Halbkreis zum Haltepunkt "de Punt" am gleichnamigen Resort. Hier stiegen noch ein paar Fahrgäste zu. Danach erreicht der Zug wieder das Museum und passiert dieses an der Außenseite, bevor die Strecke in einem weiten Linksbogen auf den Brouwersdam einbiegt. Ab hier geht es mehr oder weniger gerade aus den Damm entlang immer mit einer schönen Sicht auf das Grevelingermeer. Nach ca. 8 km wird die Endstation "West Repart" erreicht. Hier wird die Lok für die Rückfahrt umgesetzt. Dazwischen liegen noch die Stationen "Port Zeelande" und "Middelplaat Haven".
Insgesamt dauert die komplette Fahrt etwa eine Stunde und ist sehr Abwechslungsreich. Mir hat sie jedenfalls richtig gut gefallen.
Zurück im Museum kann man dann nach Herzenslust weiter die Exponate anschauen oder sich in der Museumsgastronomie stärken.
Insgesamt war der Besuch des RTM Trammuseums Ouddorp sehr schön! Alle Mitarbeiter waren sehr freundlich und gaben bei Fragen gerne Auskunft, oder erzählten während der Fahrt selber Geschichten, wie die des großen Buschbrandes im Frühsommer 2023, als das Museum massiv bedroht wurde und sogar Hubschrauber zum Löschen eingesetzt wurden. Der Brand wurde übrigens nicht von einer RTM Dampflok ausgelöst, die RTM hatte zu dieser Zeit keinen Fahrtag. Aber die Spuren waren noch deutlich zu sehen und auch wie nah die Flammen dem Museum kamen! Ich bin sehr froh, dass die Feuerwehr die Flammen rechtzeitig stoppen konnte.